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Lebensgemeinschaft „Bullerbü“

Die aktuelle Situation
Die Lebensgemeinschaft „Bullerbü“ ist eine Jugendhilfe-Einrichtung nach § 34 KJHG in Kooperation mit Nordlicht e.V. Das Projekt Bullerbü (in Henstedt-Ulzburg) existiert seit Mai 2002. Es bietet  fünf Pflegeplätze für Jungen und Mädchen. Wie in einer Familie gibt es keine feste Altersstruktur. Wir nehmen Kleinstkinder, Vorschüler, Schüler und Teenager auf.

 

Soziales Umfeld des Projektes Bullerbü
Obwohl wir im ländlichen Raum leben, ist unser Wohnort Henstedt-Ulzburg (genauer Ulzburg-Süd) mit der AKN-Bahn in nur 20 Minuten erreichbar. In naher Umgebung sind alle Schulformen erreichbar. Zwei Kindergärten liegen nur wenige Minuten entfernt. Die Gemeinde verfügt über diverse Sportvereine, Jugendtreffpunkte sowie ein Freibad. Die Grenzen zwischen Henstedt-Ulzburg und Norderstedt sind fließend und viele weitere Freizeiteinrichtungen (z.B. das Arriba-Hallenbad) stehen uns dadurch zur Verfügung. Das Familienhaus Bullerbü liegt am Rand eines Naturschutzgebietes mit langen Rad- und Wanderwegen. In Henstedt-Rhen gibt es eine aktive ev. Kirchengemeinde, die ein großes Kinder- und Jugendprogramm anbietet und auch für Ulzburg-Süd zuständig ist. Einige unserer Kinder sind z.B. mit großem Vergnügen und auf eigenem Wunsch Pfadfinder.

 

Mögliche Aufnahmen
Unser Projekt ist offiziell (von Seiten des Familienministeriums Schleswig-Holstein) ein Kleinstheim, aber im Alltag leben wir eine sehr lebendige Familie, die sich gemeinsam allen Problemen stellt. Wir bieten Plätze für Kinder und Jugendliche, die auf den ersten Blick nicht familienverträglich erscheinen. Zum einen hat sich unsere „Wahlfamilie“ in den vergangenen Jahren als sehr standhaft erwiesen, zum anderen kann das Projekt Bullerbü eine sehr starke Betreuungsdichte bieten. Das heißt, dass die persönliche Belastbarkeit nicht über die Grenzen des Einzelnen hinaus getrieben wird.

 

Kinder mit besonderem Förderungsbedarf sind uns natürlich willkommen. Bedingt durch unsere Treppen sind Rollstuhlfahrer ausgeschlossen. Geistig behinderte Kinder können wir auch nicht in unser Projekt aufnehmen, weil wir nicht über einen ausreichenden Personalschlüssel verfügen. Soziale Behinderungen sind natürlich nicht ausgeschlossen.

 

Zielsetzung des Projektes
Unsere Hauptaufgabe sehen wir darin, Kinder durch Liebe, Vertrauen und Grenzsetzung zu lebenstüchtigen und lebensfrohen Menschen werden zu lassen. Verselbständigung ist dabei die wichtigste Zielsetzung.

 

Doch bevor ein Kind diese Schritte mit uns gehen kann, muss es die Chance bekommen, sich mit seiner Herkunftsfamilie und damit mit seiner Vergangenheit auseinander zu setzen. Auch dabei soll die neue Familiensituation den Einzelnen unterstützen. Das heißt, Familienkontakten gegenüber sind wir sehr aufgeschlossen. Nach unseren Erfahrungen sind diese Kontakte sehr viel besser als Eltern, die in der Erinnerung zu immer besseren Menschen stilisiert werden.

 

Eine Entlastung der Kinder aus ihren bisherigen Überforderungssituationen erreichen wir im Projekt mit relativ einfachen Mitteln: Statt wie bisher für Essen, Pflege und Organisation ihrer Geschwister sorgen zu müssen, dürfen sie jetzt wieder selbst Kind  sein. Und das bedeutet, nur mal den Tisch zu decken oder die Geschirrspülmaschine auszuräumen. Kleine Pflichten ersetzen die existenziellen Nöte von früher.

 

Pädagogischer Konsens
In der eigenen Erziehung aus völlig verschiedenen Kindheiten stammend, haben wir einige Grundsätze (so eine Art Hausregeln) für uns geschaffen, an die sich alle halten: Wir erwarten von den Kindern, dass sie sich so gut entwickeln, wie sie können. Das heißt im Einzelfall, sie dort abzuholen, wo sie sind. Nicht unsere Erwartungen setzen die Ziele, sondern die kindlichen Möglichkeiten. Auf diesem Weg nutzen wir alle Möglichkeiten (z.B. Therapien, besondere Schulformen, Förderungsmaßnahmen aus jedem Bereich, auch in der Freizeit).

Eines unserer Grundprinzipien lautet „Jeden Tag eine neue Chance“. Scheitert ein Kind an einer ihm gestellten Aufgabe, wird es mit Liebe und Verständnis erneut auf den Weg geführt, egal, wie oft das notwendig ist.

„Kinder brauchen Grenzen“ist für uns nicht nur ein Buchtitel (Jan Uwe Rogge), sondern eine Überzeugung, die wir in jahrelanger pädagogischer Arbeit erfahren haben. Der angenehme Nebeneffekt für die Kinder: Eingehaltene Grenzen schaffen Vertrauen und Sicherheit, öffnen letztlich weite Tore in die Freiheit.

Selbst versuchen und nicht gleich auf unsere Hilfe zurückgreifen, lassen wir Kinder fast alles. Denn nur durch Geduld und Zähigkeit (mit kindgerechten Hilfen) erwerben sich die Kinder eigene Erfolge, die für das Selbstbewusstsein gerade sozialgeschwächter Kinder von großer Bedeutung sind.

Sicherheit, Schutz und Geborgenheit, sich darauf verlassen können, dass wir da sind und auch für die eintreten, ist
ein ebenso wichtiger Punkt in unserem Leben. Das bieten wir Kindern.

Sich wehren und streiten lernen, Diskussionen führen und Argumente widerlegen – diese Fähigkeiten machen Kinder zu mündigen Erwachsenen. Unsere Familienkonstellation bietet ihnen eine Plattform zum Erlernen dieser Fähigkeiten.

Auseinandersetzungen mit einem Kind steht immer der durch, der mit dem Kind in die Situation geraten ist. Neben kollegialer Beratung beim Träger bietet der auch regelmäßige Supervision, die vom Team genutzt wird.

Glaube spielt in unserer Lebensgemeinschaft eine wichtige Rolle. Wir sind Christen.

Der Fernseher dient nicht der Freizeitgestaltung, sondern darf nur nach Absprache und alters- bzw. verhaltensbedingt eingeschaltet werden. Nach unseren Erfahrungen sind fast alle von uns betreuten Kinder über Jahre vor dem Fernseher geparkt worden.

Hausarbeiten werden in der Lebensgemeinschaft je nach Alter der Kinder aufgeteilt.

Sauberkeit und Ordnung: Jedes Kind ist für sein Zimmer (altersgemäß) mit- oder später vollverantwortlich. Kontrollen in diesem Bereich sehen wir als Hilfen an, damit das Chaos nicht ein Übermaß erreicht, dem das Kind hilflos ausgeliefert ist.

Intim- und Privatsphäre zu haben und zu achten, ist etwas, das den meisten öffentlich erzogenen Kindern genommen wurde. Deshalb gibt es bei uns scharfe Regeln im Umgang mit dem anderen. So dürfen die Kinder Zimmer anderer Kinder nur mit Erlaubnis des Kindes betreten. Das heißt, jedes Kind hat die Entscheidung, wer wann sein Zimmer betritt. Neben der geringeren Wahrscheinlichkeit von Diebstählen und Sachbeschädigungen bekommen die Kinder wieder ein Gefühl dafür, dass nicht jeder in ihren privaten Raum, eindringt. Die Betreuer klopfen auch bei kleineren Kindern an.

Kinder versorgen keine Haustiere. Wenn sie mit einem im Haus oder Garten lebenden Tier besonders viel zu tun haben, werden sie gern an der Pflege beteiligt. Und generell wird die Übernahme von Verantwortung gefördert. Es gibt aber kein Muss für solche Aktivitäten.

Sportliche oder musikalische Aktivitäten der Kinder werden grundsätzlich gefördert und sollen auch von ihnen frei gewählt
werden. Wir achten darauf, dass nicht mehr als zwei Nachmittage pro Woche für festgesetzte Aktivitäten verwendet werden, denn Außenkontakte mit Freunden halten wir ebenfalls für wichtig und förderungswürdig.

Familienaktivitäten reichen von Spielnachmittag über Back-und Kochprojekte bis hin zu Ausflügen. Ein festes Ritual sind
inzwischen die zweiwöchigen Reisen in den Herbstferien geworden. Kinder, Betreuer und die Hunde gehen dann gemeinsam auf Reisen. Im Frühjahr wird Deutschland erkundet und im Herbst fahren wir regelmäßig nach Dänemark.

Hausaufgaben werden je nach Alter betreut.

Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit sind uns wichtig. Nicht nur aber auch wegen der Sicherheit für die Kinder. Denn Verlässlichkeit ist zeitlebens eine wichtige Eigenschaft im Sozialleben (z.B. Beruf)

 

Spaß und Liebe
Beim Lesen des Konsenses ist uns aufgefallen, dass hier scheinbar etwas zu kurz kommt, was uns allen sehr wichtig ist: Wir haben ein Haus voller Liebe und Spaß. Wir versuchen jeden Tag mit unseren Kindern, zu lachen. Denn das ist schließlich der Grund für den Namen unseres Projektes: Astrid Lindgrens Bullerbü ist für uns Sinnbild einer glücklichen Kindheit. Dabei spielt der Schutz des ländlichen Lebens eine Rolle, aber auch die Freiheit und das Unterstützen von Selbständigkeit. Kinder sollen sich mutig das Leben erobern und es dabei wieder lieben lernen. Das ist unser größter Wunsch. Zärtlichkeit und Verständnis sollen Kinder, die bei uns aufwachsen, in ihr späteres Leben mitnehmen. Sie sollen erleben, was Zivilcourage bedeutet und Selbstbewusstsein entwickeln.

 

Unser Zoo
Unser Garten bietet unseren Kindern und den Haustieren viel Raum. So sind die Hunde (Irish Setter, eine Boxerhündin, Dackelinen, ein Mops) zeitweise im ausbruchssicheren Zwinger untergebracht. Zwerghasen und Meerschweinchen verfügen über ein umzäuntes Freigehege, das häufig von unseren Kindern besucht wird. Aquarienfische und Vögel in einer Voliere ergänzen das Tierleben. Tierpfleger, Berater und Chef im Garten ist Michael Schöb.

Auf die Kinder hat das Zusammenleben mit den Tieren – nach unseren bisherigen Erfahrungen – sehr positiven Einfluss. Sie finden zu Tieren leichter Zugang als zu Menschen, weil sie von Tieren meistens nicht enttäuscht wurden. Und Tiere sind als „Geheimnisträger“
unersetzlich.

 

Unser Haus
Lange haben wir nach einem großen Haus für unsere ungewöhnliche Familie gesucht, dann haben wir uns für das Selbstbauen entschieden. Seit 1. Juli 2007 wohnen wir jetzt im eigenen Haus. Jedes Kind hat ein eigenes Zimmer (alle über 12 m² groß), allen stehen zusammen zwei Bäder zur Verfügung.

 

Betreuungspersonen

Sabine Schöb besetzt die Vollzeitstelle der Sozialpädagogin mit langer Berufserfahrung und ist alleinige Trägerin des Projektes. Sie hat bisher und wird auch in Zukunft jede Möglichkeit der Fortbildung nutzen. Seit 1997 ist sie als Pflegemutter und Erziehungsstelle tätig gewesen. Erlebnisse in der Heimerziehung und ihre Erfahrungen mit dem eigenen Pflegekind ließen sie zu der Erkenntnis kommen, dass nur eine professionelle Ausbildung und Erziehung Kindern mit schweren Traumata helfen können. So beschloss sie, eine sozialpädagogische Lebensgemeinschaft zu gründen.

 

Corinna Hembd ist von Anfang an im Projekt dabei. Sie hat Pädagogik studiert, absolvierte eine Ausbildung zur Fachkraft für traumapädagogische Intervention und Beratung und arbeitet als Vollzeit-Kraft in der Einrichtung.

 

Vanessa Güttlich ergänzt das Team als sozialpädagogische Assistentin in der Ausbildung zur Erzieherin mit 20 Stunden die Woche.